Kontexte und Hintergründe

Arbeitsanregungen

  1. Vergleichen Sie Goethes Erdgeist-Zeichnung mit der entsprechenden Stelle im Text (V 460-521).
  2. Tipp Technischer Hinweis

(Er schlägt unwillig das Buch um und erblickt das Zeichen des Erdgeistes.)

Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein!

Du, Geist der Erde, bist mir näher;

Schon fühl’ ich meine Kräfte höher,

Schon glüh’ ich wie von neuem Wein.

Ich fühle Mut, mich in die Welt zu wagen,

Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen,

Mit Stürmen mich herumzuschlagen

Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen.

Es wölkt sich über mir –

Der Mond verbirgt sein Licht –

Die Lampe schwindet!

Es dampft – Es zucken rote Strahlen

Mir um das Haupt – Es weht

Ein Schauer vom Gewölb’ herab

Und fasst mich an!

Ich fühl’s, du schwebst um mich, erflehter Geist

Enthülle dich!

Ha! wie’s in meinem Herzen reißt!

Zu neuen Gefühlen

All’ meine Sinnen sich erwühlen!

Ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben!

Du musst! du musst! und kostet’ es mein Leben!

(Er fasst das Buch und spricht das Zeichen des Geistes geheimnisvoll aus. Es zuckt eine rötliche Flamme, der Geist erscheint in der Flamme.)

Faust (abgewendet) Schreckliches Gesicht!

Geist Du hast mich mächtig angezogen,

An meiner Sphäre lang’ gesogen,

Und nun –

Faust Weh! ich ertrag’ dich nicht!

Geist Du flehst, eratmend mich zu schauen,

Meine Stimme zu hören, mein Antlitz zu sehn;

Mich neigt dein mächtig Seelenflehn,

Da bin ich! – Welch erbärmlich Grauen

Fasst Übermenschen dich! Wo ist der Seele Ruf?

Wo ist die Brust, die eine Welt in sich erschuf

Und trug und hegte, die mit Freudebeben

Erschwoll, sich uns, den Geistern, gleich zu heben?

Wo bist du, Faust, des Stimme mir erklang,

Der sich an mich mit allen Kräften drang?

Bist du es, der, von meinem Hauch umwittert,

In allen Lebenstiefen zittert,

Ein furchtsam weggekrümmter Wurm?

Faust Soll ich dir, Flammenbildung, weichen?

Ich bin’s, bin Faust, bin deinesgleichen!

Geist In Lebensfluten, im Tatensturm

Wall’ ich auf und ab,

Wehe hin und her!

Geburt und Grab,

Ein ewiges Meer,

Ein wechselndes Weben,

Ein glühend Leben,

So schaff’ ich am laufenden Webstuhl der Zeit

Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.

Faust Der du die weite Welt umschweifst,

Geschäftiger Geist, wie nah fühl’ ich mich dir!

Geist Du gleichst dem Geist, den du begreifst,

Nicht mir! (Verschwindet.)

Faust (zusammenstürzend) Nicht dir?

Wem denn?

Ich Ebenbild der Gottheit!

Und nicht einmal dir!

O Tod! ich kenn’s – das ist mein Famulus

Es wird mein schönstes Glück zu nichte!

Daß diese Fülle der Gesichte

Der trockne Schleicher stören muß!

Notizfeld
  1. Die Schriften von Paracelsus (1493-1541), einem naturheilkundlichen und naturmystischem Schweizer Arzt, und Emanuel Swedenborg (1688-1772), einem zur Zeit Goethes als religiöser Seher verehrter Religionsphilosoph und Wissenschaftlicher, haben Goethe bei der Abfassung seines „Faust“ nachweislich beeinflusst.

    Lesen Sie die nachfolgend abgedruckten Textauszüge vom Paracelsus und Emanuel Swedenborg und die beiden Erläuterungstexte von Erich Trunz, Herausgeber der ersten textkritischen Goethe-Werkausgabe.
  1. Wo sehen sie in den Textauszügen von Trunz, Paracelus und Swedenborg Entsprechungen zu einzelnen Passagen der Nachtszene (354-513)? Notieren Sie Ihre Ergebnisse in eigenen Worten in der Tabelle unter Deutung. Belegen Sie Ihre Aussagen mit entsprechenden Passagen aus den drei Textauszügen von Trunz, Swedenborg und Paracelsus und aus dem Dramentext.

  2. Tipp
Deutung Textbeleg Entsprechender Vers im Drama
Trunz 1
Trunz 2
Paracelsus 1
Paracelsus 2
Swedenborg